Leistungen der Sozialversicherungen – Artists Take Action

Wie unterstützt die Arbeitslosenversicherung die Selbstständigkeit?

Gleichzeitige Anstellung und selbstständige Erwerbstätigkeit

Es ist möglich, eine selbstständige Erwerbstätigkeit und eine unselbstständige Erwerbstätigkeit (Anstellung) zu kombinieren. Wenn in diesem Fall die Anstellung gekündigt wird, so hat die versicherte Person Anspruch auf Arbeitslosentaggeld für den Lohnverlust aus der Anstellung, während sie ihre selbstständige Erwerbstätigkeit fortsetzt.

Die Art der selbstständigen Erwerbstätigkeit bestimmt die Berechnung der ALV-Leistungen, je nachdem, ob diese als dauerhaft oder nur als gelegentlich angesehen wird.

Dauerhafte selbstständige Erwerbstätigkeit

Dauerhafte selbstständige Erwerbstätigkeit bedeutet, dass die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht schnell aufgegeben werden kann und für die versicherte Person eine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt.

In diesem Fall wird bei der Berechnung des versicherten Verdienstes der Beschäftigungsgrad aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Anmeldung beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) berücksichtigt. Der versicherte Verdienst gilt als Teilzeitarbeit und wird nicht als Zwischenverdienst angerechnet.

Siehe Weisung AVIG-Praxis ALE B34a, B311 und und B238ff.

Beispiel Dauerhafte selbstständige Tätigkeit

Conrad, kinder- und ehelos, ist zu 50 Prozent bei einem Museum als Grafiker angestellt. Gleichzeitig ist er bei der AHV-Ausgleichskasse als selbstständiger Illustrator angemeldet. Aus seiner Selbstständigkeit mit einem Pensum von ebenfalls 50 Prozent erzielt er ein regelmässiges Einkommen.

Nun verliert er seine Anstellung beim Museum und arbeitet als selbstständiger Illustrator weiter. Für den Verlust seiner Anstellung meldet er sich beim RAV als 50 Prozent arbeitslos.

Er erhält ein Arbeitslosentaggeld, das ihm den Verdienstausfall beim Museum ersetzt. Das Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit wird von seinem Arbeitslosentaggeld nicht abgezogen.

Gelegentliche selbstständige Erwerbstätigkeit

Eine gelegentliche selbstständige Erwerbstätigkeit liegt dann vor, wenn sie vorübergehend und zeitweilig ausgeübt wird, nur geringe Investitionen erfordert und schnell aufgegeben werden kann, um eine Anstellung aufzunehmen.

In diesem Fall wird von einer Vollzeitbeschäftigung ausgegangen. Das Einkommen aus der gelegentlichen selbstständigen Tätigkeit wird von den Tagessätzen abgezogen und als Zwischenverdienst anerkannt.

Siehe Weisung AVIG-Praxis ALE C8ff (S. 186f).

Beispiel Gelegentliche selbstständige Erwerbstätigkeit

Louise ist zu 80 Prozent bei einer Tanzkompanie angestellt und ist gelegentlich als Grafikerin für kleine, unregelmässige Aufträge selbstständigerwerbend. Sie verliert ihre Anstellung bei der Tanzkompanie und meldet sich wegen des Verlusts ihres Lohneinkommens arbeitslos. Sie wird weiterhin gelegentlich kleine Aufträge ausführen.

Louise meldet sich zu 100 Prozent arbeitslos, da ihre selbstständige Tätigkeit nur gelegentlich ausgeübt wird. Ihr versicherter Verdienst entspricht 70 oder 80 Prozent ihres Lohns bei der Tanzkompanie (70 oder 80 Prozent je nachdem, ob sie Unterhaltspflichten gegenüber Kindern hat und wie hoch ihr Einkommen war).

Das Einkommen aus ihrer gelegentlichen, selbstständigen Tätigkeit gilt als Zwischenverdienst und wird von ihrem Taggeld abgezogen.

Hinweis: Definition von Nebenverdienst als «nicht versicherter Verdienst»

Ein Nebenverdienst kann auch ausserhalb eines ordentlichen Rahmens der Selbstständigkeit erwirtschaftet werden. Gehen wir von obenstehendem Beispiel aus:

Louise ist zu 80 Prozent bei der Tanzkompanie angestellt und arbeitet nebenbei noch 40 Prozent selbstständigerwerbend. Sie verliert die Haupttätigkeit bei der Tanzkompanie (80 Prozent) und stellt Anspruch auf Arbeitslosentaggelder wie folgt: 80 Prozent aus der Tanzkompanie und 20 Prozent aus der Nebentätigkeit. Das ergibt zusammen als Berechnungsgrundlage 100 Prozent des versicherten Verdienstes gemäss Arbeitslosenentschädigung.20 Prozent vom Nebenverdienst werden während der Arbeitslosigkeit als Zwischenverdienst angerechnet. Die anderen 20 Prozent werden weder als Zwischenverdienst noch als Nebenverdienst angerechnet. Dehnt sie ihre Nebenverdienststätigkeit aus (zum Beispiel auf 60 Prozent), so ist dieser Mehrverdienst nun als Zwischenverdienst anzurechnen.

Wie unterstützt die Arbeitslosenversicherung den Einstieg in die selbstständige Erwerbstätigkeit?

Arbeitslose, die eine dauernde selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen möchten, werden von der Arbeitslosenversicherung während der Planungsphase unterstützt und erhalten hierzu maximal 90 so genannte Planungstaggelder innerhalb der ordentlichen Rahmenfrist von 2 Jahren. Das sind 18 Wochen bzw. rund 4 Monate.

Über die Auszahlung von Planungstaggeldern hinaus bietet das RAV Kurse zur Unternehmensgründung und Unternehmensführung an.

Während der Planungsphase ist die versicherte Person von ihren Pflichten der Stellensuche befreit. Sie braucht sich weder zu bewerben noch muss sie eine Anstellung annehmen.

Siehe AVIG Art. 71a ff. und Weisung AVIG AMM (2023) K21.

Wie kann das Angebot für den Einstieg in die Selbstständigkeit in Anspruch genommen werden?

Damit die Arbeitslosenversicherung die Aufnahme der Selbstständigkeit unterstützt, müssen alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

Die arbeitslose Person ist

als arbeitslos gemeldet
ohne eigenes Verschulden arbeitslos (hat nicht selbst gekündigt!)
mindestens 20 Jahre alt und
kann ein Grobprojekt zur Aufnahme einer wirtschaftlich tragfähigen und dauerhaften selbstständigen Erwerbstätigkeit vorweisen.

Die Arbeitslosenversicherung gewährt auch eine Unterstützung für den Einstieg in die Teilselbstständigkeit.

Nach Ablauf der 90 Tage muss die versicherte Person entscheiden, ob sie ihr Projekt für eine selbstständige Erwerbstätigkeit weiterführt oder aufgibt. Bei Weiterführung verliert sie den Status der Arbeitslosigkeit. Bei Aufgabe beginnt sie erneut mit der Stellensuche.

Die versicherte Person, die sich wieder arbeitslos meldet und erneut Leistungen der ALV beziehen möchte, kann auf dem Gebiet des unterstützten Projekts keinen Zwischenverdienst erzielen und muss diese Tätigkeit definitiv aufgeben.

Siehe AVIG Art. 71a ff. und Weisung AVIG AMM (2023) K74.

AVIG Art. 71a ff. und Weisung AVIG AMM (2023) K6 und K7f.

Hinweis Ausnahmen

Versicherte, die ein bereits bestehendes oder funktionierendes Unternehmen oder Geschäft übernehmen, erhalten keine Unterstützung für den Start in die Selbstständigkeit.

Liegt ein Kausalzusammenhang zwischen der (selbstverschuldeten) Arbeitslosigkeit und der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vor, so ist die Unterstützung ausgeschlossen.

Verlängerung der Bezugsrahmenfrist

Wird nach Abschluss der Planungsphase tatsächlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen, wird die laufende Rahmenfrist für den Leistungsbezug von Taggeldern um zwei Jahre verlängert.

Das bedeutet: Falls die Selbstständigkeit scheitert, können innerhalb der Rahmenfrist die restlichen Arbeitslosentaggelder bezogen werden.

AVIG Art. 71

Verlängerung der Rahmenfrist, falls keine Förderung der selbstständigen Erwerbstätigkeit FSE durch die Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen wird

Für Arbeitslose, die den Wechsel zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ohne Bezug von Leistungen vollzogen haben, wird die Rahmenfrist für die Beitragszeit oder für den Leistungsbezug höchstens um zwei Jahre verlängert, bei der Rahmenfrist für die Beitragszeit um die Dauer der selbstständigen Erwerbstätigkeit (aber höchstens 2 Jahre).

Voraussetzungen für die Verlängerung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug

Voraussetzungen sind, dass

zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug lief,
während der Ausübung der Selbstständigkeit keine Kompensationszahlungen bezogen wurden,
die selbstständige Erwerbstätigkeit definitiv aufgegeben wurde.

Wenn bei der Wiederanmeldung die Beitragszeit ausreichend ist, um eine neue Rahmenfrist zu starten, wird die Rahmenfrist für den Leistungsbezug nicht verlängert.

Voraussetzung für die Verlängerung der Rahmenfrist für die Beitragszeit

Voraussetzungen sind, dass

zum Zeitpunkt des Beginns der selbstständigen Erwerbstätigkeit keine Rahmenfrist für den Leistungsbezug lief,
während des Wechsels zur selbstständigen Erwerbstätigkeit und während dieser Tätigkeit keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung (ALV) bezogen wurden,
die selbstständige Erwerbstätigkeit innerhalb der regulären Rahmenfrist für die Beitragszeit beendet wurde.

Siehe auch: Zwischenverdienst und «Wie lange dauert die ALV-Beitragszeit bei kulturellen Berufen?»

Siehe AVIG Art. 9a; Grafiken in der AVIG-Praxis ALE ab B53.