Alle Menschen, die in der Schweiz leben, sollen ein menschenwürdiges Leben führen können, indem ihre finanzielle Existenz gesichert ist und ihre grundlegenden Bedürfnisse gedeckt sind.
Sozialversicherungen verstehen
Die grundlegenden Bedürfnisse, die die soziale Sicherheit abdeckt, sind:
- Wohnen
- Ernährung
- Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung
Die ideellen Ziele der sozialen Sicherheit gehen über die grundlegenden Bedürfnisse hinaus: Alle Menschen sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, Zugang zu Arbeit und Bildung haben und genügend Freizeit zur Erholung finden.
Soziale Sicherheit ist also der Schutz vor finanziellen und sozialen Risiken.
Ist es einer Person aus gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, für sich selbst aufzukommen, so springen die Sozialversicherungen ein. Dafür sorgt ein Gefüge aus obligatorischen und freiwilligen Versicherungen durch öffentliche und private Organisationen. Ihr Zusammenspiel bildet das Sozialversicherungssystem.
Das Sozialversicherungssystem bietet Schutz, indem es für die Kosten bei Unfall und Krankheit aufkommt, Arbeitslose unterstützt, Leistungen bei Mutterschaft und für Familien vorsieht, für die finanzielle Sicherheit bei Invalidität sorgt, für den Lebensunterhalt im Alter vorsorgt und Personen versichert, die für den Staat Militärdienst, Zivildienst oder Zivilschutz leisten.
Das System berücksichtigt nicht nur die einzelne Person selbst, sondern auch das familiäre Umfeld, insbesondere die Angehörigen wie Ehepartner:in und Kinder. Allerdings nimmt es auf Konkubinatspaare nur bedingt Rücksicht: Wer bloss eine eheähnliche Gemeinschaft bildet und als Paar nicht verheiratet ist oder nicht in standesamtlich eingetragener Partnerschaft lebt, hat nicht dieselben Rechte wie verheiratete Paare.
Das Existenzminimum berücksichtigt die finanziellen Bedürfnisse in den drei Bereichen Wohnen, Ernährung und Gesundheit. Die Höhe des Existenzminimums ist nicht einheitlich, sondern abhängig vom Wohnort und der Grösse des Haushalts. Diese bemisst sich nach der Anzahl Personen, die im selben Haushalt leben.
Es gibt verschiedene Existenzminima: das Existenzminimum nach der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS, das betreibungsrechtliche Existenzminimum und das Existenzminium, das zur Berechnung von Ergänzungsleistungen zur AHV und IV beigezogen wird.
Das geläufigste Existenzminium ist jenes nach den Vorgaben der SKOS. Für eine Einzelperson liegt es durchschnittlich bei CHF 2500 pro Monat. Das sind CHF 30 000 pro Jahr. Für eine vierköpfige Familie sind es CHF 3700 pro Monat bzw. CHF 44 000 im Jahr.
Das Existenzminimum nach SKOS wird auch als Armutsgrenze bezeichnet.
Weitere Informationen zum Existenzminimum finden sich bei der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS.
Soziale Sicherheit funktioniert nach zwei Prinzipien: Vorsorge für sich selbst und Vorsorge für die anderen. Zuoberst steht die Eigenverantwortung: Jede Person kommt für sich und ihre Angehörigen selbst auf.
In zweiter Linie setzt soziale Sicherheit auf eine staatlich durchgesetzte Solidarität, damit auch jene Personen ein menschenwürdiges Leben führen können, die nicht für sich selbst aufkommen können oder deren Erwerbseinkommen aus gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen wegbricht.
In der Schweiz werden die Leistungen grundsätzlich durch Beiträge aus dem Erwerbseinkommen finanziert. Das heisst, alle Personen, die erwerbstätig sind, tragen zur Finanzierung der Sozialversicherungen bei.
Da die Erwerbseinkommen aller Erwerbstätigen abgabepflichtig sind, werden sie staatlich erfasst. Für Angestellte sind hierfür die Arbeitgeber:innen verantwortlich. Selbstständigerwerbende müssen ihr Erwerbseinkommen selbst melden. Wer Erwerbseinkommen bei der Steuer oder der AHV-Ausgleichskasse nicht angibt, macht sich wegen Schwarzarbeit strafbar und schwächt die eigene soziale Absicherung.
Die Sozialversicherungen unterscheiden zwischen Risikovorsorge und Altersvorsorge.
Zur Risikovorsorge zählt der Schutz vor den Kosten, die bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall, Invalidität und Todesfall anfallen. Es geht um die Finanzierung von Heilungskosten und um die Kompensation bei Ausfall des Erwerbseinkommens, das unverschuldet nicht mehr verdient werden kann.
Sozialversicherungen unterstützen auch Massnahmen zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben, zum Beispiel mit Umschulungen, Bewerbungshilfen oder Hilfsmitteln am Arbeitsplatz. Sie leisten Kinder- und Ausbildungszulagen, Erwerbsersatz bei Mutterschaft, Zuschüsse bei der Betreuung von Angehörigen und anderem. Sie schützen jene Personen, die Militärdienst, Zivildienst oder Zivilschutz leisten, vor den Kostenfolgen bei Krankheit oder Unfall und bezahlen Taggelder für geleistete Diensttage.
Mit der Altersvorsorge wird Geld angespart, das im Alter den Existenzbedarf und die Lebenshaltungskosten decken soll.
Die Sozialversicherungen unterscheiden zwischen Sachleistungen und Geldleistungen.
Als Sachleistungen werden jene Entschädigungen bezeichnet, die bei Krankheit und Unfall für die Heilung bezahlt werden. Dazu zählen medizinische Leistungen sowie auch Hilfsmittel und Dienstleistungen zur Bewältigung des privaten und beruflichen Alltags.
Geldleistungen sind ein Ersatz für das Erwerbseinkommen, das bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall, Invalidität oder im Alter wegfällt. Es handelt sich insbesondere um Taggelder, Renten, Ergänzungsleistungen, Integritätsentschädigungen und Hilflosenentschädigungen.