Sozialversicherungen verstehen

Wo liegen die Herausforderungen im Kulturbereich?

Tiefe und zersplitterte Erwerbseinkommen führen zu Vorsorgelücken

Erwerbseinkommen von Kulturschaffenden sind unterdurchschnittlich

Eine Einkommensstudie von Suisseculture Sociale aus dem Jahr 2021 besagt, dass 60 Prozent der Kulturschaffenden in der Schweiz CHF 40 000 oder weniger pro Jahr verdienen, also rund CHF 3300 pro Monat. Hierin sind alle Erwerbseinkommen miteingerechnet: alle Einnahmen aus Jobs und Nebenjobs im nichtkulturellen Sektor ebenso wie Einnahmen aus Kulturförderbeiträgen usw.

Der Einkommensdurchschnitt der erwerbstätigen Bevölkerung in der Schweiz ist rund doppelt so hoch wie jener von Kulturschaffenden. Gemäss Bundesamt für Statistik liegt das durchschnittliche Erwerbseinkommen bei CHF 80 000 pro Jahr (Median), also rund CHF 6700 pro Monat.

Bei Berücksichtigung der Geschlechter liegt der Median bei den Männern bei CHF 7000 und bei den Frauen bei CHF 6200 pro Monat. Zudem bestehen grosse Einkommensunterschiede je nach Berufsbranche und Wohnort.

Sozialversicherungssystem ist nicht auf den Kulturbereich ausgerichtet

Standard wird belohnt, unübliche Arbeitsweisen werden benachteiligt

Je «normaler» das Geld verdient wird, desto höher ist die soziale Sicherheit. Das Schweizer Sozialversicherungssystem ist auf Personen mit einem hohen Beschäftigungsgrad ausgerichtet. Das heisst, je mehr Geld eine Person durch Erwerbsarbeit verdient, desto besser ist ihr Schutz.

Optimalen Schutz geniessen Angestellte mit einem hohen Arbeitspensum und gleichzeitig hohem Lohn, der sich aus einer einzigen Anstellung ergibt, sich also nicht auf verschiedene Jobs verteilt. Ein hohes Arbeitspensum im Tieflohnsektor jedoch bietet nicht automatisch guten Schutz.

Schwelleneffekte schaffen Hürden

Bei den meisten Sozialversicherungen muss das verdiente Erwerbseinkommen – bei Angestellten der Lohn, bei Selbstständigerwerbenden der Reingewinn – eine bestimmte Höhe erreichen, damit ein obligatorischer Versicherungsschutz besteht.

Diese Einkommensschwelle gilt für jeden einzelnen Job und wird nicht am gesamten Erwerbseinkommen von Mehrfachbeschäftigten gemessen. Besonders problematisch sind die Schwelleneffekte in der ersten Säule (AHV und IV) und in der zweiten Säule (Pensionskasse, berufliche Vorsorge).